Dass die Brezel keine Erfindung der Neuzeit ist, lässt sich an ihrem Namen ablesen: Die Spur führt von der Antike über mittelalterliche Klöster bis zur Neuzeit. Aber halt: Genau genommen ist sie ja noch nicht mal eine „Erfindung“. Sondern was? Ein kulturelles Gut mit einer langen Geschichte. Die Brezel eben, mehr als ein Snack, mehr als ein Gebäck.
Der Brezelbäcker sagt dazu: „Schon die alten Römer wussten, was schmeckt!“
Die Wurzeln des Begriffs „Brezel“ reichen ins Lateinische zurück: Das Langenscheidt Wörterbuch Latein führt den Begriff „bra(c)cium“ als „Unterarm, Arm“ auf. Bis heute spricht man von den Ärmchen der Brezel, die je nach Region mehr oder weniger dünn und so auch mehr oder weniger knusprig ausgeformt sind. Auf Italienisch wird der Arm bis heute als „braccio“ bezeichnet. Doch was hatten die alten Römer mit der Brezel zu schaffen?
Das Kultbrot aus Rom
In der Antike war ein ringförmiges Brot Teil der kultischen Handlungen, im 2. Jahrhundert übernahmen die frühen Christen das mehr oder weniger kreisrunde Brot für ihre Abendmahlsfeiern.
Der Brezelbäcker: „Effizienzmaßnahmen bei der Herstellung oder Abbild eines Körperteils – man weiß halt nicht so genau, woher die Brezel ihre Form hat“
Dabei veränderte sich allmählich seine Form: Das ehemals kreisrunde Gebäck nahm die Form einer doppelten Sechs an. Eine andere Theorie besagt, dass die Gebetshaltung der mittelalterlichen Mönche zur Form der Brezel inspirierte: Die Geistlichen verschränken im Gebet ihre Arme vor dem Körper und legten die rechte Hand auf die linke Schulter, die linke Hand auf die Rechte Schulter. Wer das jetzt nachmacht, erkennt die verschränken Arme der Brezel (und kann sich auch gleich Gedanken machen, wo denn nun oben und unten bei der Brezel ist – doch diese Geschichte erzählen wir ein anderes Mal).
Eine Frage der Effizienz: Frühe Massenproduktion von Brezeln
In seiner neuen Gestalt ließ sich das Gebäck schneller und einfacher formen, was durchaus im Interesse der Bäcker war. Denn das ursprüngliche Ringbrot wurde zur Fastenspeise und im 10. Jahrhundert zur Fastenzeit auch an Arme und Kinder verteilt. Gleichzeitig veränderte sich auch der Name der Brezel. Im Althochdeutschen Wörterbuch von Gerhard Kobler gibt es den Eintrag „precita“ mit der Nebenform „brezzita“, andere Quellen nennen auch „brezitella“ oder „brezin“. Althochdeutsch wurde zwischen 750 und 1050 gesprochen, aus dieser Zeit stammen auch die ersten schriftlichen Zeugnisse des Deutschen. Im Hochmittelalter von 1050 bis 1350 wandelte sich die Sprache zum Mittelhochdeutschen. Die „precita“ wurde zur prēzel, brēzel, prēzile oder prēze. Und ein Großereignis im 15. Jahrhundert steigerte die Nachfrage nach Brezeln weiter.
Der Brezelbäcker: „Schon 1415 wurden fanden Brezeln reißenden Absatz!“
Die Brezel als Streetfood beim Konstanzer Konzil
Zum ersten Mal in nachweislich erwähnt wurden die „brätschelen“ in der Chronik zum Konzil von Konstanz im Jahr 1415. König Sigismund rief damals eine Krisensitzung ins verkehrsgünstig gelegene Konstanz ein. Das Ziel: Die Spaltung der Kirche verhindern, denn mit Papst Gregor XII. in Rom, Papst Benedikt XIII. in Avignon und Papst Johannes XXIII. in Bologna beanspruchten gleich drei Männer für sich, Oberhaupt der Kirche zu sein. 1417 wurde Martin V. wurde nach langen Verhandlungen zum neuen (und jetzt auch alleinigen) Papst gewählt. Die Brezel sorgte für das leibliche Wohl der vielen Gläubigen und Schaulustigen, die sich vor Ort vom Ausgang des Konzils informieren wollten: Händlern mit mobilen Öfen auf Holzkarren übernahmen die Verpflegung der Massen. Darunter waren auch zahlreiche Bäcker aus Italien. Und auch damit ergeben sich weitere Hinweise auf die Herkunft des Begriffs „Brezel“: Im Italienischen nannte man das Gebäck damals.

Die Brezel ist in aller Munde – in aller Welt
Heute gibt es in den USA die Pretzel, je nach Region ein oft sehr herzhaft gewürztes Knabbergebäck oder eine weiche, süßliche Variante des Hefteiggebäcks. In der Tschechischen Republik bekommt man beim Bäcker „Preclik“, in der Slowakei „Praclik“, in Polen „Precel“.
Der Brezelbäcker: „Die ganze Welt ist be-brezelt, von den USA bis Rumänien!“
Im Ungarischen und Kroatischen gibt es die Bezeichnung „perec“, im Serbischen „pereca“. In Rumänien knuspert man gerne an Buzău-Brezeln mit Weizenkleie. Die Brezel hat eine internationale Karriere gemacht und erfreut sich weltweiter Beliebtheit. In Schweden bekommt man beim Bäcker heute übrigens saltkringla („Salzkringel“)oder tyske brezel („deutsche Brezel“).
