Die Brezel als Fastenspeise

Die Fastenspeise

Pieter Brueghel the Elder, Public domain, via Wikimedia Commons
Pieter Brueghel, the Elder ("Der Kampf zwischen Karneval und Fasten"), Public domain, via Wikimedia Commons

Sie sind überall – und das schon seit Jahrhunderten: Wer genau hinsieht, entdeckt Brezeln auf dem fast 500 Jahre alten Ölgemälde „Der Kampf zwischen Karneval und Fasten“ des niederländischen Meisters Pieter Bruegel der Ältere aus dem 16. Jahrhundert. Bewaffnet mit einem Fleischspieß und einem Backschieber stehen sich die Hauptfiguren des Gemäldes gegenüber. Ein wohlbeleibter Herr auf einem Weinfass, das Gesicht gerötet und auf dem Kopf eine Pastete, führt einen Rotisserie-Spieß inklusive Braten ins Feld. Der Kontrahent: Eine hagere, in ein graues Gewand gehüllte Gestalt in Holzsandalen. Umgeben ist die Büßerin von typischen Fastenspeisen – und hier kommen die Brezeln ins Bild: Neben Fischen liegen Brezeln, an der Kutte eines Mönchs hängt eine Brezel, eine Nonne trägt einen Korb mit Brezeln.

Das Ölgemälde entstand im Jahr 1559, der niederländische Renaissance-Maler illustriert darauf den Kampf zwischen Fasnacht und Fastenzeit, zwischen Völlerei und Verzicht. Die Brezeln sind eines von vielen Details auf dem rund einem auf anderthalb Meter großen Bild – und natürlich hat sie der Maler ganz bewusst mit feinen Pinselstrichen auf die Leinwand gebracht: Die Brezel war lange Zeit eine Fastenspeise.

Heute fast unvorstellbar: Brezeln als Fastenspeise

Heute ist es undenkbar, dass Brezeln überwiegend in der von Verzicht geprägten Fastenzeit gegessen wurden. Schließlich gehören frische Brezeln zu einem opulenten Frühstück, die Butterbrezel ist zumindest im süddeutschen Raum eine gerne gereichte Aufmerksamkeit bei gesellschaftlichen Anlässen und als Knabberartikel sind Brezeln ein äußerst beliebter Partygast. Und doch werden in einigen in der Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern spezielle Fastenbrezeln verspeist.

Besonders macht die Fastenbrezel, dass sie nicht in Lauge getunkt wird, sondern ein Bad in heißem Wasser nimmt. Die Tradition dieser hellen und knusprigen Brezeln lebt bis heute weiter, etwa im Allgäu oder im Raum Augsburg. In Oberschwaben, Appenzell, im Thurgau und am Bodensee gilt der erste Sonntag der Fastenzeit, also der Sonntag nach Aschermittwoch, als „Funken- oder Küchlisonntag“.

Die „Funkenbrezel“ ist ein süßes Hefeteig-Gebäck mit Rosinen. Ihren Namen hat sie vom Brauch des Winterverbrennens: Funkenfeuer gibt es bis heute im schwäbisch-alemannischen Raum sowie in Österreich. 2010 wurde der Funkenbrauch im österreichischen Bundesland Vorarlberg gar in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. In Biberach an der Riß gilt die Fastenbrezel als stadttypische Spezialität, die zwischen Weihnachten und Ostern verzehrt wird. In Ehningen auf der schwäbischen Alb bekommen Kinder Fastenbrezeln – erstmals amtlich erwähnt in einer Stadtrechnung aus dem Jahr 1695.

Die Fastenbrezel wird nicht in Lauge getunkt, sondern nimmt ein Bad in heißem Wasser.

Nicht jeder durfte Brezeln backen

Und wie wurden die Brezeln zur Fastenspeise? In der Antike waren ringförmige Brote fester Bestandteil von kultischen Handlungen, die christliche Kirche übernahm das geschlungene Gebäck für das Abendmahl. Aus den Backstuben der Klöster fand die Brezel nach und nach den Weg zum Volk. Allerdings durfte nicht jeder Brezeln schlingen und backen: So gibt es Belege aus Oettingen, wo über Jahrhunderte ausgelost und dokumentiert wurde, welcher Zunftbäcker den Zuschlag für die so genannten Brezel Wochen bekam und im Gegenzug einen Obolus an die Zunftkasse entrichten musste. Denn offenbar war der Markt für Brezeln durchaus attraktiv und bot dem Hersteller ein gewisses Wachstumspotential, an dem die Zunft beteiligt werden wollte. Und wahrscheinlich konnte auch schon damals nicht jeder Brezeln formen: Die Herstellung von Fastenbrezeln war im Jahr 1726 in Mannheim immerhin Bestandteil der Meisterprüfung der Bäcker.

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